Das Internationale SM-Camp in Dänemark
Bei der Aufzählung der wichtigsten SM-Locations Europas darf neben Amsterdam, London, Hamburg und Wien das dänische Nordjütland nicht fehlen. Hier finden auf einem landschaftlich schön gelegenen und von außen nicht einsehbaren Bauernhof jedes Jahr von Ende Juni bis Mitte August die internationalen SM-Camps statt.
Das Gehöft gehört SISC (SMil´s International Summer Camps), einer Unterorganisation von SMil, der Vereinigung der Sadomasochisten in Dänemark und Norwegen. SMil ist in etwa mit der deutschen BVSM vergleichbar. Allerdings wurde es schon 1979 gegründet und ist damit wesentlich älter als jede deutsche SM-Gruppe. Sowohl SMil als auch SISC sind gemeinnützige Vereine, die keinen Gewinn machen. Und die Leute, die sie am Laufen halten, tun das freiwillig und unbezahlt.
Deshalb wird, wer im SM-Camp ein Luxushotel mit Rundum-Service und SM-Animation erwartet, enttäuscht werden. Der Komfort liegt irgendwo zwischen Jugendherberge und Alpenvereinshütte. Wer kein Zelt oder einen Caravan mitbringt, schläft im »Sleeper«, einem ausgebauten ehemaligen Schweinestall, in dem mit Vorhängen Räume für ein bis zwei Betten abgeteilt sind. Die Duschen und WCs sind schlicht, aber ausreichend und sauber. Auch bedient wird man nicht, da das Camp-Management ja aus Freiwilligen besteht, die hier selbst Urlaub machen. Und so muss jeder Teilnehmer zwei- bis dreimal pro Woche einen Dienst übernehmen. Da hilft es auch nichts, Herr oder Herrin zu sein und den eigenen Sklaven oder Sklavin dabei zu haben: Seinen Abwasch- oder Aufräumdienst muss man selber machen.
Dafür kann man die übrige Zeit soviel SM leben, wie man will. Und das sogar sehr billig: Eine Woche SM-Camp mit Vollverpflegung kostet um die 260 Euro. Wobei das Essen wirklich sehr gut ist. Und die Spielmöglichkeiten einfach genial! Es gibt drei große Dungeons sowie einige kleinere Spielräume:
»Dungeon One« ist ein großer, zwei Stockwerke hoher Raum mit einem Boden aus feinem Sand, Wänden aus großen, unbehauenen Steinen und im ersten Stock einer kleinen Galerie für Zuschauer. Mich erinnert er an eine alte dunkle Kirche aus Feldstein. Es ist der schönste Dungeon, den ich kenne. Und ich habe hier einige meiner dunkelsten und tiefsten SM-Sessions erlebt. Sessions, in denen ich meinem Gegenüber so nahe kam, daß unsere Seelen sich berührten. Der Ort strahlt eine fast meditative Ruhe aus. Wenn im Kamin das Feuer prasselt und der Raum von Kerzen erleuchtet und mit gregorianischen Gesängen erfüllt ist, ist hier die perfekte Umgebung für mittelalterliche Folterungen. – Hier habe ich mein Weib als Hexe gefoltert, bis es alles gestand und selbst seine beste Freundin verriet. Hier habe ich es an einen Pfosten gebunden und so dicht mit Kerzen und Fackeln umstellt, daß es meinte, auf dem Scheiterhaufen zu stehen. Hier habe ich ihm das Messer an die Kehle gehalten. Hier habe ich es bis aufs Blut gepeitscht und es anschließend in meinen Armen aufgefangen. Und hier hat mein Weib für mich gelacht, geschrien und geweint. Und es hat das Herz, das ich mit dem Messer in den Sand zu seinen Füßen gemalt hatte, mit seinen Tränen geweiht.
»Dungeon Two« ist etwas kleiner, hat einen Parkettboden, schöne Rundbögen mit Ringen an den richtigen Stellen. Mit etwas Phantasie ist er das Musikzimmer aus der Geschichte der O. Der Raum, in dem die O zwischen den Säulen aufgespannt und ausgepeitscht wird. – Eine besondere Attraktion ist ein großes, drehbares Rad, auf das man seine Sklavin schnallen kann. Wie beim Messerwerfen im Zirkus.
»Dungeon Three« besteht aus einem Schulzimmer, einem Klinikzimmer und einem orientalischen Serail, die mit Vorhängen voneinander getrennt sind. Das Serail ist eine Neuerung. Nachdem diesen Sommer von einigen Camp-Teilnehmern vorübergehend ein orientalisches Serail eingerichtet worden war, das auf große Begeisterung stieß, wird es jetzt dauerhaft installiert. In dem Serail ist SM wesentlich sinnlicher, farbenfroher und erotischer als in normalen Dungeons – nicht so Schwarz in Schwarz. Es ist höchst angenehm, auf einem Diwan zu liegen, die Düfte des Orients in der Nase, türkischen Tee trinkend, sich angeregt unterhaltend, und »nebenbei« zuzusehen, wie eine schöne Sklavin versucht, einen selbst – oder einen anderen – durch ihren Bauchtanz zu verführen. Später wird sie einen verwöhnen – mit Weintrauben, Massagen, ihrem Mund und ihrem Körper. Und ob sie selbst zur Belohnung verwöhnt oder zur Strafe ausgepeitscht wird, hängt davon ab, wie zufrieden man mit ihr sein wird.
Die kleinen Spielräume sind der vollständig gekachelte »Wetroom« – für alles, was planscht und matscht ˆ, die »Monkscell« – die tatsächlich an eine Mönchszelle erinnert und die man normalerweise nimmt, wenn man zu zweit seine Ruhe haben will – sowie ein Zellentrakt mit zwei Gefängniszellen, einer Gummizelle und einer lichtlosen Zelle für Dunkelhaft. Außerdem gibt es noch ein paar Outdoor-Spielgeräte wie fest installierte Bondage-Gestelle. Mich reizt vor allem der Zellentrakt. Hier kann ich meine Sklavin wirklich mal ein- bis zwei Tage lang einsperren. Sie bei Wasser und Brot darben lassen. Sie nachts in der Zelle überfallen und sexuell missbrauchen. – Allerdings klappt das »bei Wasser und Brot darben lassen« nur dann, wenn ihr nicht ein anderer gegen sexuelle Dienste Kaffee und Alkohol in die Zelle schmuggelt. – Wer gemeint ist, weiß Bescheid! ;-)
Auch außerhalb der extra eingerichteten Spielräume darf überall im Camp gespielt werden. Egal ob im »Diner« (dem großen Eß- und Gemeinschaftsraum), dem Innenhof oder der Sauna. Einzige Ausnahme ist der Sleeper. Hier ist (geräuschvoller) SM verboten und nur normaler Sex erlaubt – aus Rücksicht auf die anderen, die schlafen wollen. Bisweilen gibt es sogar SM unter der Dusche oder auf dem Klo. So hat dieses Jahr eine Frau einem armen Kerl, der einen Keuschheitsgürtel trug und sich deshalb sein intimstes Teil nicht selber waschen konnte, erst die Hände mit Handschellen an die Duscharmatur gekettet, dann den Keuschheitsgürtel abgenommen und schließlich den Wehrlosen beim Duschen vergenußwurzelt.
An klassischem SM-Mobiliar ist (fast) alles vorhanden, was es gibt: Andreaskreuze, Fesselbänke, Käfige, Hängekäfig, Winch, Pranger, Bondage-Rahmen, Pfosten, Slings, Pony, Böcke und so weiter.
Der SM auf dem Camp ist intensiver und vielfältiger als derjenige, den man oft auf Partys sieht. Wenn man eine ganze Woche Zeit hat, kann man seine Sessions viel besser vorbereiten und sie viel langsamer angehen lassen. Manchmal dauert eine Session hier länger als sonst eine ganze Party. Unter diesen Bedingungen kann SM viel persönlicher werden, man kann sich dem Gegenüber weiter öffnen und tiefer in die Session hineintauchen.
Auch gibt es mehr Kontakt unter den Teilnehmern als auf einer Party. Man redet miteinander, ist eine Gruppe, schaut sich gegenseitig beim SM zu, inspiriert einander und spielt auch miteinander. Natürlich gibt es auch Paare, die nur miteinander spielen. Aber insgesamt wird deutlich mehr und offener fremdgespielt als sonst in der SM-Szene.
Dazu trägt sicher auch bei, daß die Atmosphäre des Camps sowie die Tatsache, daß man auch mal selber das Klo putzen muss, oberflächliche, egozentrische und konsumorientierte Menschen abschreckt.
Die Camps dauern jeweils eine Woche. Im kommenden Jahr gibt voraussichtlich fünf allgemeine SM-Wochen, zwei schwule SM-Wochen und eine Fetisch-Woche. Viele Teilnehmer fahren schon seit Jahren ins SM-Camp, und meist auch immer wieder in dieselbe Woche. Auch bei Geli und mir steht der »Urlaub in Dänemark« fest im Kalender. Aber es kommen auch jedes Jahr, in jeder Campwoche eine ganze Reihe Neuer dazu.
Die Campsprache ist Englisch. Pro Campwoche werden nur 50 Anmeldungen angenommen. Die Anmeldungen sind verbindlich. Wer schon mal da war, hat Vortritt. Ansonsten gilt: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Das Genauere ist auf der Hompage von SISC nachzulesen.